
Liebe WIENER WILDNIS FREUNDE, liebe Bienenfreunde,
Vorerst möchte ich um Verständnis bitten: Aufgrund einer schweren Herzoperation in der Familie sowie den daraus resultierenden Folgen war ich nicht in der Lage, das Bienentagebuch im ersten Halbjahr weiter zu führen. Nun, da alles Problematische vorbei zu sein scheint, kann ich mich auch wieder etwas entspannter dieser Thematik widmen. Zumindest unser Bienenjahr hat gut begonnen: Die Winterverluste waren zwar größer als je zuvor, das Wetter war jedoch optimal, die Völker waren zu Beginn der wärmeren Jahreszeit bereits sehr stark. Wir konnten wieder einige Jungvölkern bilden, diese haben sich bis heute gut entwickelt.

Für alle, die es nicht wissen: Wie bildet man Jungvölker? Einerseits ist es möglich, aus einem bestehenden Bienenvolk zwei Waben mit Brut und Bienen zu entnehmen und in einen neuen Bienenstock zu hängen. Was geschieht? Die Bienen bemerken schnell, dass sie keine Königin mehr haben. Denn diese ist im alten Volk verblieben, dem wir die Waben entnommen haben. Die Bienen auf den beiden Waben im neuen Stock werden sofort unruhig, da sie die Pheromone (chemischer Signalstoffe, Duftstoffe) ihrer Königin nicht mehr vernehmen. Sie beginnen sofort, aus einigen jungen Eiern, die sich in den Waben befinden, Weiselzellen, also neue Königinnenzellen zu bauen. In einer solchen Weiselzelle, die viel größer als alle anderen Zellen ist und in der die Brut fortwährend mit Gelee Royal gefüttert wird, entsteht die neue Königin. Damit alles gut geht, machen die Bienen mehrere dieser Weiselzellen, oft sogar 10 bis 20 Stück. Denn der Fortbestand diese neuen "Jungvölkchens" hängt einzig davon ab, ob bald wieder eine junge Königin ihre Eier legt. Nach etwa 18 Tagen schlüpft die erste Königin aus einer solchen Zelle und wird sofort versuchen, alle anderen Königinnen, die sich noch in den anderen Zellen befinden, zu töten. Ist ihr das gelungen, wird sie bald, begleitet von einer Gruppe von Bienen, zum Hochzeitsflug ausfliegen, bei dem sie von einigen Drohnen im Flug begattet wird. Nach der Rückkehr beginnt sie bald, Eier zu legen. Die Königin kann entscheiden, ob sie ein befruchtetes Ei oder ein unbefruchtetes Ei legt: Aus einem befruchteten Ei wird eine Arbeiterin, aus einem unbefruchteten Ei eine Drohne, also eine männliche Biene. Somit ist also wieder ein vollwertiges Volk entstanden, wenn es auch - gemessen an der Bienenzahl - noch eher schwach ist. Aber das wird sich bis zum Herbst ändern. Bis dahin werden noch viele junge Bienen zur Welt kommen und das Volk stärken.

Und die zweite Möglichkeit, ein junges Volk zu gründen? Man sammelt im Juli aus einigen Bienenvölkern junge Bienen, gibt ihnen eine junge, befruchtete Königin, die man bei einem Züchter kauft, in einem kleinen Käfig dazu und stellt sie drei Nächte lang in den kühlen Keller. Dort haben die Bienen Zeit, sich einerseits an die neue Königin zu gewöhnen und sich andererseits von ihrem alten Standplatz sozusagen zu „entwöhnen". Würde man sie nämlich sofort in einen neuen Bienenstock geben, flögen sie sofort wieder in ihren alten Bienenstock, zu ihrem alten Volk zurück. Aber nach drei Tagen tun sie das nicht mehr. Gegen Abend des dritten Tages nehmen wir also diese Box mit den jungen Bienen und der Königin und geben diesen Bienen einen neuen Bienenstock und damit ein neues Zuhause. Das ganze nennt man einen KUNSTSCHWARM. Weil er ähnlich einem Bienenschwarm reagiert, aber eben vom Menschen künstlich zusammengestellt wird. Dieser Kunstschwarm wird noch am gleichen Abend beginnen, im neuen Bienenstock emsig Waben zu bauen. Bald sind die ersten Zellen gebaut und die Königin beginnt schnell, ihre Eier zu legen. Natürlich haben wir Imker diesen Kunstschwarm sofort zu füttern. Denn nur ein kontinuierlicher Futtereintrag veranlasst die Königin zum regen Eierlegen. Entweder nehmen wir zum Füttern eigenen Bio-Honig oder eine Mischung aus Bio-Zucker und Wasser, die von den Bienen sehr gut angenommen und sofort in die Zellen eingetragen wird. Parallel dazu beginnen die Bienen bereits am nächsten Morgen auszufliegen und Nektar und Pollen zu sammeln.

Mittlerweile sind unsere Kunstschwärme bzw. jungen Völker schon zu einer beträchtlichen Stärke herangewachsen und es geht ihnen sehr gut. Diese Völker haben besonders große Chancen, den Winter zu überstehen, weil sie einerseits noch nicht mit allzu vielen Varroamilben belastet sind (wir erinnern uns, diese Milbe ist ein Parasit, der Bienenvölker sehr belastet und letztendlich vernichtet, wenn der Imker nicht eingreifen würde), andererseits hat das Volk optimale Bedingungen durch den neuen Wabenbau, der noch sehr gering mit Viren belastet ist.
An den letzten heißen Tagen des Jahres ist der Bienenflug eher gering. Ein wenig Pollen und Nektar wird noch eingetragen, aber auch Wasser, das die Bienen zum Temperieren des Bienenstockes benötigen. Honigbienen können sehr gut die Temperatur in ihrem Bienenstock regeln. Eine Temperatur zwischen 32 und 36 Grad ist in den Sommermonaten für die Aufzucht der Brut sehr wichtig. Wenn die Temperatur sehr ansteigt, versuchen die Bienen, mit ihren Flügeln die warme Luft quasi aus dem Bienenstock zu fächern. Bei dieser Arbeit erreichen sie bis zu 7200 Flügelschwingungen pro Minute. Ja, und das Wasser wird im Stock auf die Waben verteilt, das Flügelfächern sorgt für den nötigen Luftdurchzug und wirkt durch die Verdunstung des Wassers kühlend. Fast unglaublich, was diese tollen Geschöpfe leisten! Wir haben daher im Sommer einige Bienentränken aufgestellt, um es den Bienen ein wenig einfacher zu machen. Das sind flache Gefäße, in denen Steine, Äste sowie viel Moos im Wasser liegen. Auf dem Moos sind hunderte Bienen zu finden, die das kühlende Nass aufsaugen und schnell zu Ihren Völkern bringen. Das machen sie vom frühen Morgen bis zum Sonnenuntergang unentwegt und wir sorgen dafür, dass dieses Wasser nicht versiegt. Sicherlich finden sie auch ohne uns Wasser, aber wir helfen ihnen, dass sie nicht so weit fliegen müssen. Bald werden die Tage und insbesondere die Nächte etwas kühler, es kommen die Winterbienen zur Welt, die den Winter überstehen und so für den Fortbestand des Volkes sorgen.

Übrigens: Wir unterstützen eine syrische Flüchlingsfamilie, bitte besuchen Sie unsere Facebook-Seite!
Lieben Gruß - Hannes!
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Im nächsten Bericht lesen Sie: Die Winterbienen, der Herbst und unsere letzten Arbeiten vor dem Winter.
